Übersicht Servoantriebe

Dieser Abschnitt ist eine kurze Einführung in die Technik der Servoantriebe.

Was ist ein Servoantrieb?

Ein Servoantrieb umfasst grundsätzlich einen intelligenten Servoverstärker und einen Servomotor, der in Verbindung mit einer SPS oder CNC für komplexe, spezialisierte Bewegungen in eine oder mehrere Richtungen sorgt. Diese komplexen und spezialisierten Bewegungen, die für die Automation industrieller Aufgaben notwendig sind, werden als Motion Control bezeichnet.

Servoantriebe werden in vielfältigen Bereichen zur Automation eingesetzt - im Automobilbau, bei der Rohölveredelung, in der Textilindustrie, bei Verpackungssystemen, in der Lagerhaltung und vieles mehr.

Servoantriebe mit geschlossenem Regelkreis

In einem Servoantrieb werden Rotorlage und Drehzahl vom Rückführsystem im Motor zurück zum Servoverstärker gemeldet. Der Servoverstärker wertet die Rückmeldung aus, vergleicht die Werte mit den Vorgaben und erzeugt dann entsprechende Ströme, um den Motor auf die vorgegebene Drehzahl zu regeln. Dieser Ablauf wird in einem geschlossenen Regelkreis ständig wiederholt. Ein Regelkreis, der die Position der Welle oder Last regelt, wird Lageregelkreis genannt, ein Regelkreis, der die Drehzahl des Motors auf dem vorgegebenen Wert hält, ist ein Drehzahlregelkreis.

Bestandteile eines Servoantriebs

Ein Servoantrieb besteht aus:

Servomotor

Ein Servomotor treibt eine Achse einer Maschine an.

Servomotoren werden durch Magnetfelder angetrieben. Sie haben ein von den Permanentmagneten erzeugtes stationäres Magnetfeld und ein von der Statorwicklung erzeugtes Drehfeld. Sie arbeiten nach dem Prinzip des Synchronmotors. Der Rotor eines drehenden Motors ist an beiden Enden gelagert.

Jeder Motor hat mindestens zwei magnetische Pole, zumeist aber vier oder sechs. Durch den Servoverstärker wird der Statorstrom im Motor so erzeugt, dass ein steuerbares Drehmoment an der Motorwelle zur Verfügung steht.

Servomotoren drehen (fahren) in zwei Richtungen – positiv und negativ. Zwei Arten der Drehwinkelmessung sind in der Antriebstechnik gebräuchlich – in Grad und in RAD, wobei eine Umdrehung 360° oder 2π RAD entspricht.

Der Servoverstärker arbeitet mit Servo-Synchronmotoren und mit Direktantrieben (rotatorisch oder linear). Außerdem können Asynchronmotoren und Gleichstrommotoren betrieben werden. Weitere Informationen finden Sie in den Motorhandbüchern.

Motor Optimierung

Die besten Laufeigenschaften eines Servomotors können nur durch die richtige Optimierung des Servoverstärkers erreicht werden. Angefangen bei voreingestellten Parametern (Stromregler wird automatisch durch Wahl des verwendeten Motors optimiert) muss der Drehzahlregler so eingestellt werden, dass sich bei einer Sprungantwort ein möglichst schnelles Einschwingen des Drehzahlistwertes auf den Sollwert ergibt. Hierbei ist darauf zu achten, dass dieses Einschwingen mit nur einem Überschwinger erreicht wird. Wenn der Positionsregler eingesetzt wird, so muss dieser anschließend so eingestellt werden, dass sich ein möglichst kleiner Schleppfehler (Abweichung zwischen Positionssollwert und Istwert) ergibt. Bitte beachten Sie auch die Hinweise zum Inbetriebnahme unbekannter Motoren.

Last

Die Last sind Teile einer Maschine, die von einem Motor angetrieben werden. Der Motor muss so ausgelegt sein, dass die Anforderungen an die Dynamik und Laufruhe der Maschine erfüllt werden. Ein Servosystem liefert Antriebsenergie an die Last z.B. über folgende mechanische Anbindungen:

Direktantrieb

Der Motor ist direkt mit z.B. einem Rundtisch verbunden.

Spindelantrieb

Der Motor bewegt die Last über eine Spindel.

Zahnstange und Ritzel

Der Motor bewegt über ein Zahnrad eine Last, die mit einer Zahnstange verbunden ist.

Riemenantrieb

Der Motor bewegt die Last über einen Zahnriemen.

Rückführeinheit

Jeder Servoverstärker benötigt eine Rückführeinheit, die die aktuelle Position und Drehzahl des Motors zur Verfügung stellt. Abhängig von der Rückführeinheit werden die Informationen als digitale oder analoge Signale übermittelt. Zwei Arten von Rückführeinheiten werden unterstützt:
Encoder – Übermittelt analoge oder digitale Signale (optisch)
Resolver – Übermittelt analoge Signale (magnetisch)

Servoverstärker

Der Servoverstärker besteht aus einer dreiphasigen Leistungsendstufe, der Spannungsversorgung und einem Microcontrollersystem. Die verschiedenen Regelkreise sind vollständig digital im Microcontrollersystem realisiert.

Rückführeinheiten

Die Servomotoren sind mit verschiedenen Rückführeinheiten (auch Feedback genannt) erhältlich, u.a. mit:

In einem System, welches mit geschlossenen Regelkreisen arbeitet, wird die von der Rückführeinheit erfasste Position zur Kommutierung des Motors benutzt.

Außerdem ist noch eine Kaskadenregelung für Strom-, Drehzahl- und Positionsregelung integriert. Die Drehzahlinformation wird durch die Ableitung der Position berechnet.

Der Stromregler wird auch als Drehmomentregler bezeichnet, da das Drehmoment direkt proportional zum Strom ist. Eine Übersicht über die verfügbaren Feedbacksysteme finden Sie im KDN auf Seite Multi-Feedback.

Resolver

Den Resolver kann man sich als Transformator vorstellen, dessen Kopplungen der Sekundärwicklungen (Sinus und Cosinus) sich mit der Position der Antriebswelle ändern. Damit kann eine absolute Position innerhalb einer Umdrehung bestimmt werden. Der Resolver wird mit einer sinusförmigen Spannung erregt. Die Erregerspannung und die beiden Ausgangsspannungen haben eine kleine Amplitude und sind empfindlich gegen Störungen.

Der Servoverstärker kann zwei- und mehrpolige Resolver unterstützen, um die aktuelle Position und Drehzahl der Motorwelle zu berechnen.

Encoder

Encoder sind optische oder induktive Messsysteme, die am Ausgang Signale zur aktuellen Position des Motors zur Verfügung stellen. Es werden zwei Arten von Encodern unterschieden: rotatorische und lineare Encoder. Rotatorische Geber werden bei Standardmotoren auf der Motorwelle montiert. Lineare Encoder werden typischerweise an der Last direkt montiert.

Das Bewegungsprofil

Übersicht

Bewegungsabläufe werden einheitlich in einem Diagramm, genannt Bewegungsprofil, dargestellt. Das Verstehen und Umsetzen von Bewegungsprofilen in der Anwendung ist ein wichtiger Schritt, um die bestmögliche Systemleistung zu erreichen.

Das Bewegungsprofil ist die Darstellung einer oder mehrerer Bewegungsabläufe über der Zeitachse.

Vorgegebene Bewegung: die Bewegung, die der Motor idealerweise fehlerfrei ausführen sollte, wenn er eine Drehzahl- oder Lagevorgabe erhält.

Tatsächliche Bewegung: die Bewegung, die tatsächlich vom Motor ausgeführt wird, wenn er eine Drehzahl- oder Lagevorgabe erhält.

Die Lücke zwischen Sollwert und Istwert schließen

Die beste Systemleistung wird erreicht, wenn die Abweichung zwischen vorgegebener und tatsächlicher Bewegung möglichst gut ausgeregelt werden kann. Die Abweichung wird Schleppfehler genannt. Den Servoantrieb zu optimieren bedeutet, die relevanten Parameter im Verstärker so einzustellen, dass die Abweichung statisch und dynamisch möglichst optimal ausgeregelt werden kann.

Merkmale von Bewegungsprofilen

Die Profile haben folgende Merkmale, die allen Bewegungsabläufen gemein sind:

Es werden Sollposition, maximale Geschwindigkeit und Beschleunigungs-/Bremsrampen definiert.

Merkmal

Bedeutung

Bewegung

Bewegung wird durch den Befehl, eine Zielposition anzufahren, gestartet. Durch das Bewegungsprofil mit Rampen und maximaler Geschwindigkeit werden immer wieder neue Positionssollwerte vorgegeben. Die Position, an der die Bewegung gestoppt wird, wird als Zielposition bezeichnet.

In Position

Wenn die tatsächliche Position des Antriebs in den Bereich der Zielposition kommt, wird die Differenz mit dem In-Positionsfenster verglichen. Ist die Differenz kleiner als das

In-Positionsfenster, so wird eine In-Positionsmeldung ausgegeben.

Arbeitsbereiche und Arbeitsbegrenzungen

Übersicht

Ein wichtiger Schritt zur Erhöhung der Maschinensicherheit ist das Festlegen sicherer Arbeitsbereiche und Arbeitsbegrenzungen.

Zwei Arten der Einstellung

Es gibt zwei Arten, Betriebsbereiche und Betriebsgrenzen festzulegen:

Einstellungsart

Bedeutung

Abschaltung bei Überschreitung der Arbeitsbereiche

Im Servoverstärker sind verschiedene Überwachungsmöglichkeiten eingebaut, die bewirken, dass Strom, Drehzahl oder Position so begrenzt werden, dass gefährliche Zustände zum Abschalten des Verstärkers führen um Maschinenschaden zu vermeiden. Zum Beispiel muss jede Positionierachse die in Positionsregelung arbeitet, mit Hardware-Endschaltern ausgerüstet sein. Diese sollen ein Verfahren der Achse in die mechanischen Endanschläge verhindern. Zusätzlich können noch Software-Endschalter definiert werden. Die Differenz zwischen Soll- und Istposition wird Schleppfehler genannt. Eine Überwachung des Schleppfehlers über ein Schleppfehlerfenster verhindert ein Durchgehen des Motors.

Begrenzung der Arbeitsbereiche

Die Arbeitsbereiche definieren die Bedingungen, unter denen der Servoverstärker sicher arbeitet. Einige von diesen Arbeitsbereichen sind:

  • Der Stromregler besitzt eine Spitzen- und Dauerstrombegrenzung, um den Motor vor Überlastung zu schützen.
  • Im Positionsregler wird die Verfahrstrecke definiert, die festlegt, welche Strecke in positiver und negativer Richtung verfahren werden kann.
  • Das In-Positionfenster legt fest, ab welcher Entfernung von der Sollposition die Meldung "InPosition" ausgegeben werden soll

Beschleunigen und Bremsen

Übersicht

Wenn der Servoverstärker in Positionsregelung mit Fahrsätzen betrieben wird, können verschiedene Beschleunigungs/Bremsprofile ausgewählt werden. Welche Art bei einer Maschine eingesetzt werden soll, hängt davon ab, wie die Mechanik aufgebaut ist und welche Dynamik gefordert ist. Wenn es sich bei der Maschine um eine schwingfähige Mechanik handelt (Beispiel Roboterarm), so ist es ratsam die Sinus²-Rampe zu verwenden. Bei dieser Rampenart wird das Drehmoment linear verändert, so dass sich für den Drehzahlverlauf ein quadratischer Verlauf ergibt. Damit wird eine Schwingungsanregung der Mechanik verringert. Nachteil dieser Rampenart ist, dass sich die Beschleunigungs/Bremszeit bei gegebenem Drehmoment des Motors im Vergleich zu Trapezform verdoppelt.

Wenn es sich bei der Anwendung um eine mechanisch schwingungsarme Maschine handelt, die hochdynamisch beschleunigt/abgebremst werden soll, so empfiehlt sich der Einsatz der Trapez-Rampe. Hierbei kommt es zu einem Drehmomentsprung am Anfang und am Ende einer Beschleunigungs/Bremsrampe (zeitoptimal).

Zwei Arten des Beschleunigens/Bremsens

Die folgende Tabelle beschreibt die zwei grundsätzlichen Arten des Beschleunigens/Bremsens : linear und quadratisch. Ein Bewegungsprofil kann eine Kombination beider Arten umfassen.

Methode

Beschreibung

Trapez

Brems-/Beschleunigungsrate mit konstanter Geschwindigkeitszu-/abnahme.

Sinus²

Um einen Ruck zu vermeiden, wird der Antrieb innerhalb der Beschleunigungs-/Bremsrampe kontinuierlich beschleunigt/gebremst. Das Drehzahldiagramm gleicht einer Sinus²-Kurve.

Weitere Kurvenformen sind als Bearbeiten hinterlegt. Es ist möglich, eigene Profiltabellen zu erstellen. Informationen hierzu finden Sie im KDN.